Kolumne
Der weitreichende Pflichtenkatalog der börsennotierten Unternehmen
Unternehmen müssen nach dem Kapitalmarktrecht umfassende Transparenz- und Compliance-Pflichten erfüllen. Dabei müssen sie auch aktuelle Entwicklungen in der Regulatorik, wie zum Beispiel den geplanten EU-Listing-Act, im Auge behalten. Unsere Kapitalmarktrecht-Konferenz am 23. Februar 2022 gab dazu Orientierung und Impulse für börsennotierte Unternehmen.
Kapitalmarktrecht in der Diskussion
Zentrales Element der Konferenz war die Paneldiskussion zur Frage, welche Impulse es im Kapitalmarktrecht für börsennotierte Unternehmen braucht. An dieser nahmen Vertreter der Deutschen Bank, der Ludwig-Maximilians-Universität München und adidas teil. Diskutiert wurde unter anderem über den EU-Listing-Act, mit dem die EU-Kommission das Kapitalmarktrecht auf den Prüfstand stellt.
In der Diskussion wurde deutlich, dass es mit Blick auf Corporate Disclosures noch einige Auslegungsschwierigkeiten gibt. Etwaige Reformen sollten daher vorrangig genutzt werden, um mehr Rechtssicherheit beispielsweise bei der ad hoc-Publizität zu erreichen. Zwar sei es positiv, dass die BaFin stets offen für den Austausch zu Praxisfragen rund um die Anwendung der Transparenzvorgaben sei. Trotzdem blieben zu viele Fragen offen.
Auch zu den Vorgaben im Bereich Insiderlisten, bei dem Unternehmen umfangreiche Compliance-Maßnahmen einhalten müssen, gab es Kritik. Hier seien Aufwand und Nutzen unverhältnismäßig. Im Rahmen des geplanten EU-Listing-Act bestünde nun die Möglichkeit, relevante Transparenzthemen anzugehen.
Insiderinformationen und Managers Transactions
Ein Schwerpunkt der Diskussion war die Konkretisierung des Begriffs Insiderinformation, die im Interesse der Marktteilnehmer liegt. Dieser könne im Rahmen des EU-Listing-Acts an Kontur gewinnen. Beispielsweise werde diskutiert, ob man die Information, die eine ad hoc-Publizität auslöst, von der Insiderinformation abkoppele. Damit wäre eine solche Information unter Umständen zu einem späteren Zeitpunkt zu veröffentlichen, wenn tatsächlich abzusehen ist, dass der zu meldende Sachverhalt auch wirklich eintritt.
Die Panelteilnehmer wiesen auch auf die Herausforderungen in der Praxis hin, die sich durch das erforderliche Geheimhalten der Insiderinformationen im Unternehmen ergeben. Geschäftszahlen könnten beispielsweise von Personen aus verschiedenen Bereichen im Unternehmen eingesehen werden, die dann grundsätzlich auf die Insiderlisten genommen werden müssen. An dieser Stelle seien einige Vorgaben der Aufsicht, wie persönliche Daten wie die private Telefonnummer in die Listen aufnehmen zu müssen, kaum erfüllbar. Emittenten stellten viele Informationen bereit, aber solche Daten seien teils schwer zu ermitteln.
Beim Thema Managers Transaction gebe es weitere ungeklärte Fragen. Hier wäre die Eliminierung einiger Tatbestände sinnvoll. Auch die in diesem Zusammenhang erforderlichen Belehrungspflichten könnten schlanker gestaltet sein.
Reformen im Prospektrecht angehen
Mit Blick auf die Reform des Prospektrechts regten die Panelteilnehmer an, dass der europäische Gesetzgeber bezüglich der Finanz- und Geschäftszahlen im Prospekt nicht mehr oder inhaltlich anderes verlangen sollte, als in der Regelberichterstattung erfolgen muss. Auch stelle sich zum Beispiel die Frage, weshalb es bei Kapitalerhöhungen einen zusätzlichen Zulassungsprospekt für die Börsennotierung braucht. Der Sekundärmarkt verfüge bei bereits notierten Unternehmen über ausreichend Informationen. In der aktuellen Konsultation der EU-Kommission gebe es dazu gute Ansätze. So wird zur Diskussion gestellt, die Grenze einer prospektfreien Aktienzulassung über die bestehende 20 Prozent Grenze zu erhöhen.
Fazit
Die Teilnehmer und Panellisten waren sich einig, dass die Konsultation des EU-Listing-Act die Offenheit der EU-Kommission für die Diskussion zeige, das Kapitalmarktrecht für Emittenten zu entbürokratisieren und mehr Rechtssicherheit zu schaffen. Gelingt der EU-Kommission das, wird sie dem Ziel des Regulierungsvorhabens, den Börsengang als Finanzierungsmöglichkeit attraktiver zu machen, deutlich näherkommen.
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Compliance

Ihre Ansprechpartnerin
Dr. Claudia Royé
Leiterin Kapitalmarktrecht
Stellvertretende Leiterin Fachbereich Recht
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