Kolumne
Stabilisiert das Generationenkapital mit Aktien die gesetzliche Rente?
Nach monatelangem Ringen hat die Bundesregierung Ende Mai das Rentenniveaustabilisierungs- und Generationenkapitalgesetz (Rentenpaket II) verabschiedet. Welche Ziele verfolgt die Reform, wie sollte das geplante Generationenkapital konkret ausgestaltet werden und trägt es dazu bei, die gesetzliche Rente zu stabilisieren? Diese Fragen beantwortet Dr. Norbert Kuhn, Leiter Unternehmensfinanzierung und stellvertretender Leiter Fachbereich Kapitalmärkte.
Warum brauchen wir ein Rentenpaket II?
Die gesetzliche Rente beruht in Deutschland auf dem Umlageverfahren. Die Arbeitnehmer zahlen Beiträge von ihrem Gehalt, die vom Arbeitgeber direkt an die Deutsche Rentenversicherung überwiesen werden. Diese bestreitet daraus die Renten von ehemals Beschäftigten. Die Menschen in Deutschland werden immer älter und bekommen schon seit 50 Jahren wenig Kinder. Das bedeutet: Auf immer mehr Rentnerinnen und Rentner kommen immer weniger Beitragszahlende. Um das Rentensystem einigermaßen stabil zu halten, müssen die Beiträge zur gesetzlichen Rente künftig steigen und das Rentenniveau, das Verhältnis von Lohnentwicklung und Rentenhöhe, sinken. Da die Beiträge aber schon jetzt nicht reichen, um die Renten zu bezahlen, hat der Staat im Jahr 2022 110 Milliarden Euro, also fast ein Viertel des Bundeshaushalts, dazugezahlt. Um die Rente unabhängiger von der Demographie zu machen und auf eine breitere Finanzierungsbasis zu stellen, will die Bundesregierung mit dem Rentenpaket II gegensteuern.
Was sind die wichtigsten Änderungen im Rentenpaket II?
Nach aktuell geltendem Recht würde bis 2040 das Rentenniveau von derzeit etwas mehr als 48 Prozent auf knapp 45 Prozent sinken. Das Rentenpaket II sieht vor, es bei 48 Prozent festzuschreiben. Zudem soll das Generationenkapital helfen, die Beiträge der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu stabilisieren. Beim Generationenkapital handelt es sich um einen Kapitalstock, der durch Investitionen am Kapitalmarkt aufgebaut wird. In diesem Jahr sollen erstmals zwölf Milliarden Euro angelegt werden. Es ist geplant, den Betrag jedes Jahr, um jeweils 3 Prozent zu erhöhen.
Wie funktioniert das Generationenkapital?
Die Finanzierung erfolgt über Darlehen des Bundes. Darüber hinaus sollen Anteile von Unternehmen, die im Besitz des Bundes sind, in das Generationenkapital eingebracht werden. Bis 2036 sollen 200 Milliarden Euro in das Generationenkapital fließen. Die Gelder werden renditeorientiert und global diversifiziert über eine Stiftung angelegt und finanzieren ausschließlich die gesetzliche Rente. Es ist von einer Aktienquote von bis zu 80 Prozent die Rede, was gerechtfertigt ist, da die Anlagedauer eines Kapitalstocks, der nicht verbraucht werden soll, theoretisch unendlich ist. Wie unsere Rendite-Dreiecke zeigen, haben Aktien über lange Zeiträume attraktive Renditen von sechs bis neun Prozent pro Jahr erwirtschaftet. Wichtig ist dabei, dass die Anlage mittels einer breit diversifizierten und langfristen Anlagestrategie erfolgt.
Stabilisiert das Generationenkapital die gesetzliche Rente?
Ab 2036 sollen Erträge aus dem Generationenkapital von jährlich zehn Milliarden Euro als Renten ausgezahlt werden. Damit will der Gesetzgeber verhindern, dass die Beiträge der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für die gesetzliche Rente steigen. Allein die Sicherung des Rentenniveaus auf 48 Prozent wird im Jahr 2035 rund 18 Milliarden Euro kosten. Es wird also auch mit dem Generationenkapital noch höhere Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt brauchen.
Was ist zu tun?
Um einen nennenswerten Entlastungseffekt für die Rentenkasse zu erzielen, sollten die Mittel, die vom Bund jährlich in das Generationenkapital fließen, mindestens verdoppelt werden. Damit könnten dann zumindest die Kosten einer Haltelinie von 48 Prozent finanziert werden.
Perspektivisch sollte die Finanzierung des Generationenkapitals nicht über Kredite erfolgen. Die öffentliche Hand zahlt aktuell Zinsen zwischen zwei und drei Prozent auf ihre Kredite. Diese Zinsen sind Kosten, die den Ertrag des Generationenkapitals deutlich schmälern. Bei einer Aktienrendite von acht Prozent wäre das eine Ausschüttung von 16 Milliarden Euro statt 10 Milliarden Euro. In anderen Ländern wie Schweden, Australien, den USA oder den Niederlanden wird die Finanzierung der kapitalgedeckten Altersvorsorge über Beiträge der Beschäftigten bestritten. Damit baut jeder künftige Rentner eine eigene Altersvorsorge auf. Für ein wirkliche Stabilisierung der Renten in Deutschland ist dieser Weg auch besser geeignet.
Fazit
Insgesamt kann das Generationenkapital nur ein kleiner Einstieg in eine Kapitaldeckung mit Aktien in der gesetzlichen Rente sein - nicht mehr, aber auch nicht weniger.
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Dr. Norbert Kuhn
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