Kolumne
Wertschöpfungskette begrenzen und risikobasierten Ansatz umsetzen
Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) ist am 1. Januar 2023 in Kraft getreten. Auf europäischer Ebene wird bereits intensiv an einer Richtlinie über Sorgfaltspflichten in der Lieferkette beziehungsweise Wertschöpfungskette gearbeitet. Während im Europäischen Parlament noch an einer finalen Stellungnahme gearbeitet wird, hat der Rat der Europäischen Union bereits seine Verhandlungsposition für das Trilog-Verfahren vorgelegt - eine Einschätzung.
Der Richtlinienentwurf zur Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD), den die EU-Kommission im Februar 2022 veröffentlicht hat, hat für viel Aufmerksamkeit gesorgt. Die Berichterstatterin des federführenden Rechtsausschusses JURI des Europäischen Parlaments (EP), Lara Wolters (S&D), hatte Anfang November 2022 einen Bericht mit ihren Änderungsvorschlägen zum Kommissionsentwurf vorgelegt. Acht der dreizehn mitberatenden Ausschüsse des EP haben unterdessen Stellung bezogen. Anfang Dezember 2022 hat der Rat der Europäischen Union bereits seine Verhandlungsposition (Allgemeine Ausrichtung) zur CSDDD formell angenommen.
Ratsposition grundsätzlich zu begrüßen
Die Allgemeine Ausrichtung des Rates greift folgende Punkte auf, die wir grundsätzlich begrüßen:
- Der Rat hat das Konzept der Lieferkette überarbeitet und den Begriff "Wertschöpfungskette" durch den der „Aktivitätskette“ ersetzt. Der Ansatz der „Wertschöpfungskette“ über den gesamten Lebenszyklus eines Produktes wird weitestgehend auf einen „Lieferketten“-Ansatz beschränkt, denn die Phase der Nutzung der Produkte oder der Erbringung von Dienstleistungen wird ausgeschlossen.
- Der risikobasierte Ansatz wird in der Ratsposition gestärkt. Unternehmen sollen nachteilige Auswirkungen (adverse impacts) priorisieren können, wenn es unmöglich ist, alle nachteiligen Auswirkungen gleichzeitig und vollumfassend zu beseitigen.
- In der Allgemeinen Ausrichtung werden Industriekooperationen, Branchenprogramme und Multi-Stakeholder-Initiativen genannt, die Unternehmen bei der Erfüllung der in der Richtlinie festgelegten Sorgfaltspflichten unterstützen.
- Die zivilrechtliche Haftung wird angepasst, um mehr Klarheit zu schaffen und unangemessene Eingriffe in das nationalstaatliche Deliktsrecht zu vermeiden. So können Unternehmen nur haftbar gemacht werden, wenn ein Schaden, eine Pflichtverletzung, Kausalität und Verschulden vorliegen.
- Die Verpflichtung zur Erstellung eines Plans zur Transformation des Geschäftsmodells hin zur Klimaneutralität bleibt zwar bestehen. Der Artikel wurde jedoch stärker an die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) angepasst.
- Die im Kommissionsvorschlag enthaltenen Bestimmungen über die Pflichten der Geschäftsführung wurden gestrichen.
Während der Rat im Wesentlichen für die Belange der Unternehmen in Sachen Anwendungsbereich, Definition der Wertschöpfungskette, Haftung, Klimaschutzpläne und Corporate Governance sensibilisiert ist, will das Parlament nach der gegenwärtigen Diskussion sogar noch über den Kommissionsvorschlag hinausgehen. Die fast 1.800 eingereichten JURI-Änderungsanträge zum Entwurf des Wolters-Berichts und die Anzahl von 13 mitberatenden Parlamentsausschüssen zeigen, wie umstritten das Dossier der CSDDD ist.
Unterdessen hat Lara Wolters erste Kompromissvorschläge vorgelegt. Danach bleibt es bei den niedrigeren Schwellenwerten beim Anwendungsbereich und auch die Wertschöpfungskette wird weiterhin weit ausgelegt und soll für alle vor- und nachgelagerten Bereiche gelten. Eine zivilrechtliche Haftung ist weiterhin vorgesehen. Zudem sollen Vorstände und Aufsichtsräte strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können. Diese Punkte lehnen wir ab.
Fazit
Es bleibt abzuwarten, ob das Europäische Parlament, wie geplant, auf seiner Plenarsitzung im Mai über seine endgültige Position entscheiden wird. Dann könnten die Verhandlungen zwischen den EU-Institutionen im Juni 2023 vor Ende der schwedischen Ratspräsidentschaft beginnen. Eine endgültige Einigung könnte während der spanischen Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2023 erzielt werden. In Anbetracht der Sensibilität des Vorschlags, seiner bedeutenden regulatorischen Auswirkungen auf europäische Unternehmen und der erheblichen Unterschiede in den Positionen der EU-Institutionen ist es schwierig vorherzusagen, wie groß die Verhandlungsfortschritte in den kommenden Monaten sein werden.
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Nachhaltigkeit

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Jessica Göres
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