Kolumne
Ende letzter Woche stimmte die Mehrheit der Abgeordneten des Europäischen Parlaments für den Kompromisstext des Rechtsausschusses zur Corporate Sustainablity Due Diligence Directive (EU-Lieferkettengesetz). Doch auch wenn es eine klare Mehrheit von 366 Ja-Stimmen gab, zeigen die 225 Nein-Stimmen, dass das Unbehagen mit der gefundenen Position groß war und ist. Warum das so ist und wo es noch Handlungsbedarf gibt, erläutert Dr. Uta-Bettina von Altenbockum, Leiterin Kommunikation und Fachbereich Nachhaltigkeit beim Deutschen Aktieninstitut, in der aktuellen Kolumne.
Klar ist: Die ganz überwiegende Mehrheit der EU-Parlamentarier, auch wenn sie gegen den Kompromissvorschlag gestimmt haben, teilt das Ziel des geplanten Gesetzes, dass Menschenrechte in der Lieferkette beachtet werden sollen. Dies gilt übrigens auch für die allermeisten Unternehmen und die Verbände, die das EU-Lieferkettengesetz von Anfang eng begleitet haben. Es geht also nicht um das Ob eines Lieferkettengesetzes, sondern darum, wie ein solches ausgestaltet werden soll. Darüber kann und muss gestritten werden, denn das Thema ist komplex und die richtige Balance bei den Vorgaben zu finden, ist nicht einfach. Das ist wichtig zu betonen, wird doch schnell einmal jegliche Kritik an dem Gesetz als Ablehnung des Vorhabens insgesamt ausgelegt.
Weiterer Diskussionsbedarf
Dass die Positionen bei der Ausgestaltung der Richtlinie teilweise weit auseinanderliegen, wird deutlich, wenn man sich die schwierige Kompromissfindung im federführenden Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments vor Augen führt. Obwohl der Bericht der Berichterstatterin Lara Wolters schon Ende November vorlag, gab es zähe Verhandlungen, bevor man sich Ende April im Ausschuss auf einen Kompromissvorschlag einigen konnte. Kaum stand der Kompromiss, gab es Kritik aus verschiedenen Fraktionen, die unter anderem vor bürokratischen Belastungen von Unternehmen kleinerer und mittlerer Größe warnten.
Aber auch nach der Abstimmung im Parlament hat das Gesetzesvorhaben noch ein ganzes Stück Weges vor sich, bevor es verabschiedet werden kann. Die Positionen von Kommission, Parlament und Rat unterscheiden sich in wichtigen Punkten nicht unerheblich, wie zum Beispiel beim risikobasierten Ansatz, der Haftungsthematik und der Vollharmonisierung.
Risikobasierter Ansatz, Haftung und Harmonisierung – was zu tun ist
Wichtig ist es, dass sich ein risikobasierter Ansatz im Gesetz wiederfindet, wie es ihn auch in den international anerkannten Grundsätzen der Vereinten Nationen beziehungsweise der OECD gibt. Dieser erlaubt es den Unternehmen, sich bei ihren menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten auf die Bereiche ihrer Wertschöpfungskette zu konzentrieren, bei den Verletzungen in Betracht kommen können. Insgesamt sollten nur die schwerwiegenden Risiken adressiert werden müssen. Darüber hinaus sollte ein Tätigwerden des Unternehmens erst erforderlich sein, wenn es substantiierte Kenntnis von Menschenrechtsverletzungen in seiner Wertschöpfungskette erlangt.
Gut wäre es auch, Bereiche der Wertschöpfungskette, die innerhalb Europas liegen, von der Überwachung auszuschließen. Kenntnis über Menschenrechtsverletzungen innerhalb der EU wären den Behörden des betroffenen Mitgliedstaats zu melden.
Unternehmen dürfen nur für solche Schäden haften, die sie selbst verursacht haben, indem sie vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt haben. Angesichts der Komplexität der Wertschöpfungsketten, der verschiedenen handelnden Personen und der eingeschränkten Einflussmöglichkeiten der Unternehmen kann nur eine Bemühenspflicht der Unternehmen bezüglich ihrer Pflichten festgelegt werden. Nur wenn Unternehmen wissen, was genau sie zu tun haben, kann mit einer Verletzung der Pflichten eine Haftung verbunden sein. Hier gibt es noch Klärungsbedarf.
Der Wunsch nach mehr europäischer Harmonisierung im Bereich Lieferkettengesetz ist groß. Gesetze der Mitgliedstaaten, wie beispielsweise das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, drohen zu einem Flickenteppich bei den Lieferkettenregeln zu führen. Eine europäische Regelung vermeidet, dass sich Unternehmen mit jeweils abweichenden Regelungen in den Mitgliedstaaten auseinandersetzen müssen, was Kosten und Aufwand bei ihnen verringert. Kommt es bei der Umsetzung der geplanten Richtlinie zu Abweichungen in den Mitgliedstaaten, würde diese Harmonisierung konterkariert. Ziel muss es deshalb sein, die Richtlinie so weit wie möglich zu harmonisieren.
Spannende Verhandlungen voraus
Bereits Anfang Juni sollen die Trilog-Verhandlungen zwischen Parlament, Rat und Kommission beginnen. Spätestens im Herbst unter spanischer EU-Ratspräsidentschaft wird das Dossier wieder richtig Fahrt aufnehmen. Dann wird sich zeigen, ob es gelingt, aus den verschiedenen Positionen ein wirksames, handhabbares Lieferkettengesetz zu formen, das Unternehmen bei ihrem Ziel unterstützt, Menschenrechtsverletzungen in der Wertschöpfungskette zu vermeiden.
Nachhaltigkeit
Ihre Ansprechpartnerin
Dr. Uta-Bettina von Altenbockum
Leiterin Kommunikation und Fachbereich Nachhaltigkeit
Tel.+49 69 92915-47
presse(at)dai.de
Kolumne
Ende letzter Woche stimmte die Mehrheit der Abgeordneten des Europäischen Parlaments für den Kompromisstext des Rechtsausschusses zur Corporate Sustainablity Due Diligence Directive (EU-Lieferkettengesetz). Doch auch wenn es eine klare Mehrheit von 366 Ja-Stimmen gab, zeigen die 225 Nein-Stimmen, dass das Unbehagen mit der gefundenen Position groß war und ist. Warum das so ist und wo es noch Handlungsbedarf gibt, erläutert Dr. Uta-Bettina von Altenbockum, Leiterin Kommunikation und Fachbereich Nachhaltigkeit beim Deutschen Aktieninstitut, in der aktuellen Kolumne.
Klar ist: Die ganz überwiegende Mehrheit der EU-Parlamentarier, auch wenn sie gegen den Kompromissvorschlag gestimmt haben, teilt das Ziel des geplanten Gesetzes, dass Menschenrechte in der Lieferkette beachtet werden sollen. Dies gilt übrigens auch für die allermeisten Unternehmen und die Verbände, die das EU-Lieferkettengesetz von Anfang eng begleitet haben. Es geht also nicht um das Ob eines Lieferkettengesetzes, sondern darum, wie ein solches ausgestaltet werden soll. Darüber kann und muss gestritten werden, denn das Thema ist komplex und die richtige Balance bei den Vorgaben zu finden, ist nicht einfach. Das ist wichtig zu betonen, wird doch schnell einmal jegliche Kritik an dem Gesetz als Ablehnung des Vorhabens insgesamt ausgelegt.
Weiterer Diskussionsbedarf
Dass die Positionen bei der Ausgestaltung der Richtlinie teilweise weit auseinanderliegen, wird deutlich, wenn man sich die schwierige Kompromissfindung im federführenden Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments vor Augen führt. Obwohl der Bericht der Berichterstatterin Lara Wolters schon Ende November vorlag, gab es zähe Verhandlungen, bevor man sich Ende April im Ausschuss auf einen Kompromissvorschlag einigen konnte. Kaum stand der Kompromiss, gab es Kritik aus verschiedenen Fraktionen, die unter anderem vor bürokratischen Belastungen von Unternehmen kleinerer und mittlerer Größe warnten.
Aber auch nach der Abstimmung im Parlament hat das Gesetzesvorhaben noch ein ganzes Stück Weges vor sich, bevor es verabschiedet werden kann. Die Positionen von Kommission, Parlament und Rat unterscheiden sich in wichtigen Punkten nicht unerheblich, wie zum Beispiel beim risikobasierten Ansatz, der Haftungsthematik und der Vollharmonisierung.
Risikobasierter Ansatz, Haftung und Harmonisierung – was zu tun ist
Wichtig ist es, dass sich ein risikobasierter Ansatz im Gesetz wiederfindet, wie es ihn auch in den international anerkannten Grundsätzen der Vereinten Nationen beziehungsweise der OECD gibt. Dieser erlaubt es den Unternehmen, sich bei ihren menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten auf die Bereiche ihrer Wertschöpfungskette zu konzentrieren, bei den Verletzungen in Betracht kommen können. Insgesamt sollten nur die schwerwiegenden Risiken adressiert werden müssen. Darüber hinaus sollte ein Tätigwerden des Unternehmens erst erforderlich sein, wenn es substantiierte Kenntnis von Menschenrechtsverletzungen in seiner Wertschöpfungskette erlangt.
Gut wäre es auch, Bereiche der Wertschöpfungskette, die innerhalb Europas liegen, von der Überwachung auszuschließen. Kenntnis über Menschenrechtsverletzungen innerhalb der EU wären den Behörden des betroffenen Mitgliedstaats zu melden.
Unternehmen dürfen nur für solche Schäden haften, die sie selbst verursacht haben, indem sie vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt haben. Angesichts der Komplexität der Wertschöpfungsketten, der verschiedenen handelnden Personen und der eingeschränkten Einflussmöglichkeiten der Unternehmen kann nur eine Bemühenspflicht der Unternehmen bezüglich ihrer Pflichten festgelegt werden. Nur wenn Unternehmen wissen, was genau sie zu tun haben, kann mit einer Verletzung der Pflichten eine Haftung verbunden sein. Hier gibt es noch Klärungsbedarf.
Der Wunsch nach mehr europäischer Harmonisierung im Bereich Lieferkettengesetz ist groß. Gesetze der Mitgliedstaaten, wie beispielsweise das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, drohen zu einem Flickenteppich bei den Lieferkettenregeln zu führen. Eine europäische Regelung vermeidet, dass sich Unternehmen mit jeweils abweichenden Regelungen in den Mitgliedstaaten auseinandersetzen müssen, was Kosten und Aufwand bei ihnen verringert. Kommt es bei der Umsetzung der geplanten Richtlinie zu Abweichungen in den Mitgliedstaaten, würde diese Harmonisierung konterkariert. Ziel muss es deshalb sein, die Richtlinie so weit wie möglich zu harmonisieren.
Spannende Verhandlungen voraus
Bereits Anfang Juni sollen die Trilog-Verhandlungen zwischen Parlament, Rat und Kommission beginnen. Spätestens im Herbst unter spanischer EU-Ratspräsidentschaft wird das Dossier wieder richtig Fahrt aufnehmen. Dann wird sich zeigen, ob es gelingt, aus den verschiedenen Positionen ein wirksames, handhabbares Lieferkettengesetz zu formen, das Unternehmen bei ihrem Ziel unterstützt, Menschenrechtsverletzungen in der Wertschöpfungskette zu vermeiden.
Nachhaltigkeit
Ihre Ansprechpartnerin
Dr. Uta-Bettina von Altenbockum
Leiterin Kommunikation und Fachbereich Nachhaltigkeit
Tel.+49 69 92915-47
presse(at)dai.de
Kolumne
Ende letzter Woche stimmte die Mehrheit der Abgeordneten des Europäischen Parlaments für den Kompromisstext des Rechtsausschusses zur Corporate Sustainablity Due Diligence Directive (EU-Lieferkettengesetz). Doch auch wenn es eine klare Mehrheit von 366 Ja-Stimmen gab, zeigen die 225 Nein-Stimmen, dass das Unbehagen mit der gefundenen Position groß war und ist. Warum das so ist und wo es noch Handlungsbedarf gibt, erläutert Dr. Uta-Bettina von Altenbockum, Leiterin Kommunikation und Fachbereich Nachhaltigkeit beim Deutschen Aktieninstitut, in der aktuellen Kolumne.
Klar ist: Die ganz überwiegende Mehrheit der EU-Parlamentarier, auch wenn sie gegen den Kompromissvorschlag gestimmt haben, teilt das Ziel des geplanten Gesetzes, dass Menschenrechte in der Lieferkette beachtet werden sollen. Dies gilt übrigens auch für die allermeisten Unternehmen und die Verbände, die das EU-Lieferkettengesetz von Anfang eng begleitet haben. Es geht also nicht um das Ob eines Lieferkettengesetzes, sondern darum, wie ein solches ausgestaltet werden soll. Darüber kann und muss gestritten werden, denn das Thema ist komplex und die richtige Balance bei den Vorgaben zu finden, ist nicht einfach. Das ist wichtig zu betonen, wird doch schnell einmal jegliche Kritik an dem Gesetz als Ablehnung des Vorhabens insgesamt ausgelegt.
Weiterer Diskussionsbedarf
Dass die Positionen bei der Ausgestaltung der Richtlinie teilweise weit auseinanderliegen, wird deutlich, wenn man sich die schwierige Kompromissfindung im federführenden Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments vor Augen führt. Obwohl der Bericht der Berichterstatterin Lara Wolters schon Ende November vorlag, gab es zähe Verhandlungen, bevor man sich Ende April im Ausschuss auf einen Kompromissvorschlag einigen konnte. Kaum stand der Kompromiss, gab es Kritik aus verschiedenen Fraktionen, die unter anderem vor bürokratischen Belastungen von Unternehmen kleinerer und mittlerer Größe warnten.
Aber auch nach der Abstimmung im Parlament hat das Gesetzesvorhaben noch ein ganzes Stück Weges vor sich, bevor es verabschiedet werden kann. Die Positionen von Kommission, Parlament und Rat unterscheiden sich in wichtigen Punkten nicht unerheblich, wie zum Beispiel beim risikobasierten Ansatz, der Haftungsthematik und der Vollharmonisierung.
Risikobasierter Ansatz, Haftung und Harmonisierung – was zu tun ist
Wichtig ist es, dass sich ein risikobasierter Ansatz im Gesetz wiederfindet, wie es ihn auch in den international anerkannten Grundsätzen der Vereinten Nationen beziehungsweise der OECD gibt. Dieser erlaubt es den Unternehmen, sich bei ihren menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten auf die Bereiche ihrer Wertschöpfungskette zu konzentrieren, bei den Verletzungen in Betracht kommen können. Insgesamt sollten nur die schwerwiegenden Risiken adressiert werden müssen. Darüber hinaus sollte ein Tätigwerden des Unternehmens erst erforderlich sein, wenn es substantiierte Kenntnis von Menschenrechtsverletzungen in seiner Wertschöpfungskette erlangt.
Gut wäre es auch, Bereiche der Wertschöpfungskette, die innerhalb Europas liegen, von der Überwachung auszuschließen. Kenntnis über Menschenrechtsverletzungen innerhalb der EU wären den Behörden des betroffenen Mitgliedstaats zu melden.
Unternehmen dürfen nur für solche Schäden haften, die sie selbst verursacht haben, indem sie vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt haben. Angesichts der Komplexität der Wertschöpfungsketten, der verschiedenen handelnden Personen und der eingeschränkten Einflussmöglichkeiten der Unternehmen kann nur eine Bemühenspflicht der Unternehmen bezüglich ihrer Pflichten festgelegt werden. Nur wenn Unternehmen wissen, was genau sie zu tun haben, kann mit einer Verletzung der Pflichten eine Haftung verbunden sein. Hier gibt es noch Klärungsbedarf.
Der Wunsch nach mehr europäischer Harmonisierung im Bereich Lieferkettengesetz ist groß. Gesetze der Mitgliedstaaten, wie beispielsweise das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, drohen zu einem Flickenteppich bei den Lieferkettenregeln zu führen. Eine europäische Regelung vermeidet, dass sich Unternehmen mit jeweils abweichenden Regelungen in den Mitgliedstaaten auseinandersetzen müssen, was Kosten und Aufwand bei ihnen verringert. Kommt es bei der Umsetzung der geplanten Richtlinie zu Abweichungen in den Mitgliedstaaten, würde diese Harmonisierung konterkariert. Ziel muss es deshalb sein, die Richtlinie so weit wie möglich zu harmonisieren.
Spannende Verhandlungen voraus
Bereits Anfang Juni sollen die Trilog-Verhandlungen zwischen Parlament, Rat und Kommission beginnen. Spätestens im Herbst unter spanischer EU-Ratspräsidentschaft wird das Dossier wieder richtig Fahrt aufnehmen. Dann wird sich zeigen, ob es gelingt, aus den verschiedenen Positionen ein wirksames, handhabbares Lieferkettengesetz zu formen, das Unternehmen bei ihrem Ziel unterstützt, Menschenrechtsverletzungen in der Wertschöpfungskette zu vermeiden.
Nachhaltigkeit
Ihre Ansprechpartnerin
Dr. Uta-Bettina von Altenbockum
Leiterin Kommunikation und Fachbereich Nachhaltigkeit
Tel.+49 69 92915-47
presse(at)dai.de
Kolumne
Ende letzter Woche stimmte die Mehrheit der Abgeordneten des Europäischen Parlaments für den Kompromisstext des Rechtsausschusses zur Corporate Sustainablity Due Diligence Directive (EU-Lieferkettengesetz). Doch auch wenn es eine klare Mehrheit von 366 Ja-Stimmen gab, zeigen die 225 Nein-Stimmen, dass das Unbehagen mit der gefundenen Position groß war und ist. Warum das so ist und wo es noch Handlungsbedarf gibt, erläutert Dr. Uta-Bettina von Altenbockum, Leiterin Kommunikation und Fachbereich Nachhaltigkeit beim Deutschen Aktieninstitut, in der aktuellen Kolumne.
Klar ist: Die ganz überwiegende Mehrheit der EU-Parlamentarier, auch wenn sie gegen den Kompromissvorschlag gestimmt haben, teilt das Ziel des geplanten Gesetzes, dass Menschenrechte in der Lieferkette beachtet werden sollen. Dies gilt übrigens auch für die allermeisten Unternehmen und die Verbände, die das EU-Lieferkettengesetz von Anfang eng begleitet haben. Es geht also nicht um das Ob eines Lieferkettengesetzes, sondern darum, wie ein solches ausgestaltet werden soll. Darüber kann und muss gestritten werden, denn das Thema ist komplex und die richtige Balance bei den Vorgaben zu finden, ist nicht einfach. Das ist wichtig zu betonen, wird doch schnell einmal jegliche Kritik an dem Gesetz als Ablehnung des Vorhabens insgesamt ausgelegt.
Weiterer Diskussionsbedarf
Dass die Positionen bei der Ausgestaltung der Richtlinie teilweise weit auseinanderliegen, wird deutlich, wenn man sich die schwierige Kompromissfindung im federführenden Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments vor Augen führt. Obwohl der Bericht der Berichterstatterin Lara Wolters schon Ende November vorlag, gab es zähe Verhandlungen, bevor man sich Ende April im Ausschuss auf einen Kompromissvorschlag einigen konnte. Kaum stand der Kompromiss, gab es Kritik aus verschiedenen Fraktionen, die unter anderem vor bürokratischen Belastungen von Unternehmen kleinerer und mittlerer Größe warnten.
Aber auch nach der Abstimmung im Parlament hat das Gesetzesvorhaben noch ein ganzes Stück Weges vor sich, bevor es verabschiedet werden kann. Die Positionen von Kommission, Parlament und Rat unterscheiden sich in wichtigen Punkten nicht unerheblich, wie zum Beispiel beim risikobasierten Ansatz, der Haftungsthematik und der Vollharmonisierung.
Risikobasierter Ansatz, Haftung und Harmonisierung – was zu tun ist
Wichtig ist es, dass sich ein risikobasierter Ansatz im Gesetz wiederfindet, wie es ihn auch in den international anerkannten Grundsätzen der Vereinten Nationen beziehungsweise der OECD gibt. Dieser erlaubt es den Unternehmen, sich bei ihren menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten auf die Bereiche ihrer Wertschöpfungskette zu konzentrieren, bei den Verletzungen in Betracht kommen können. Insgesamt sollten nur die schwerwiegenden Risiken adressiert werden müssen. Darüber hinaus sollte ein Tätigwerden des Unternehmens erst erforderlich sein, wenn es substantiierte Kenntnis von Menschenrechtsverletzungen in seiner Wertschöpfungskette erlangt.
Gut wäre es auch, Bereiche der Wertschöpfungskette, die innerhalb Europas liegen, von der Überwachung auszuschließen. Kenntnis über Menschenrechtsverletzungen innerhalb der EU wären den Behörden des betroffenen Mitgliedstaats zu melden.
Unternehmen dürfen nur für solche Schäden haften, die sie selbst verursacht haben, indem sie vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt haben. Angesichts der Komplexität der Wertschöpfungsketten, der verschiedenen handelnden Personen und der eingeschränkten Einflussmöglichkeiten der Unternehmen kann nur eine Bemühenspflicht der Unternehmen bezüglich ihrer Pflichten festgelegt werden. Nur wenn Unternehmen wissen, was genau sie zu tun haben, kann mit einer Verletzung der Pflichten eine Haftung verbunden sein. Hier gibt es noch Klärungsbedarf.
Der Wunsch nach mehr europäischer Harmonisierung im Bereich Lieferkettengesetz ist groß. Gesetze der Mitgliedstaaten, wie beispielsweise das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, drohen zu einem Flickenteppich bei den Lieferkettenregeln zu führen. Eine europäische Regelung vermeidet, dass sich Unternehmen mit jeweils abweichenden Regelungen in den Mitgliedstaaten auseinandersetzen müssen, was Kosten und Aufwand bei ihnen verringert. Kommt es bei der Umsetzung der geplanten Richtlinie zu Abweichungen in den Mitgliedstaaten, würde diese Harmonisierung konterkariert. Ziel muss es deshalb sein, die Richtlinie so weit wie möglich zu harmonisieren.
Spannende Verhandlungen voraus
Bereits Anfang Juni sollen die Trilog-Verhandlungen zwischen Parlament, Rat und Kommission beginnen. Spätestens im Herbst unter spanischer EU-Ratspräsidentschaft wird das Dossier wieder richtig Fahrt aufnehmen. Dann wird sich zeigen, ob es gelingt, aus den verschiedenen Positionen ein wirksames, handhabbares Lieferkettengesetz zu formen, das Unternehmen bei ihrem Ziel unterstützt, Menschenrechtsverletzungen in der Wertschöpfungskette zu vermeiden.
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Dr. Uta-Bettina von Altenbockum
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