Kolumne
Die Deutschen halten bei der Aktienanlage Kurs
2021 war ein gutes Jahr für die Aktienkultur in Deutschland. Knapp 12,1 Millionen Aktiensparerinnen und Aktiensparer waren im letzten Jahr in Aktien oder aktienbasierten Fonds investiert. Rund jeder Sechste ist damit am Aktienmarkt engagiert. Das Vertrauen in Aktien ist ungebrochen. Doch die Politik in Deutschland sollte mehr für die Aktie tun.
Das Verhältnis der Deutschen zur Aktie glich in der Vergangenheit manchmal den Reisen großer Entdecker mit ihren Segelschiffen. Euphorische Momente mit viel Rückenwind und einem klaren Kurs wechseln sich ab mit Flaute, Wechseln der Windrichtung oder gar dem Ändern der Route. Doch das scheint sich langsam zu ändern. Wie unsere aktuellen Aktionärszahlen zeigen, sparten 2021 knapp 12,1 Millionen Menschen in Deutschland mit Aktien, Aktienfonds oder aktienbasierten ETFs. Das ist rund jede sechste Person (17,1 Prozent) in Deutschland ab 14 Jahren und entspricht in etwa dem Wert des vergangenen Jahres.
Aktiensparerinnen und Aktiensparer 2021 mit klarem Kompass
Nach dem starken Anstieg der Aktionärszahlen im Jahr 2020 blieben die Deutschen der Aktie treu. Trotz eines kleinen Minus von gut 280.000 Anlegerinnen und Anlegern liegen die Aktionärszahlen weiter auf hohem Niveau.
Ein Faktor für die Stabilität war sicherlich die gute Börsenentwicklung. Sparerinnen und Sparer, die bereits am Aktienmarkt investiert waren, konnten 2021 weiter positive Börsenerfahrungen sammeln. Das motivierte sie, am Ball zu bleiben. Niedrige Zinsen und hohe Immobilienpreise machten die Anlagealternativen zudem unattraktiv.
Allerdings hat das starke Börsenjahr vermutlich auch zu Gewinnmitnahmen geführt, um sich lang gehegte Wünsche zu erfüllen oder das Geld kurzfristig auf dem Tagesgeldkonto zu parken. Das könnte den leichten Rückgang bei den Aktionärszahlen erklären. Das hohe Kursniveau hat aber vermutlich auch potenzielle Neueinsteigerinnen und Neueinsteiger von dem Schritt an die Börse abgehalten. Sie sorgten sich, den richtigen Einstiegszeitpunkt verpasst zu haben und warteten auf die nächste gute Gelegenheit.
Wer aber zu sehr auf niedrige Kurse schielt, bleibt zu lange an der Seitenlinie. Auf lange Sicht ist der Einstiegszeitpunkt weniger wichtig als die Entscheidung, mit dem Aktiensparen anzufangen und langfristig dabeizubleiben, wie unsere aktualisierten Rendite-Dreiecke zeigen.
Leinen los – die Politik kann mehr für die Aktie tun
Zu einer erfolgreichen Seefahrt gehören aber nicht nur entscheidungsstarke Kapitäninnen, sondern auch erfahrene Navigatoren. Hier ist die deutsche Politik gefragt, die den Kurs in Richtung Aktiensparen ausrichtet, damit möglichst viele Menschen in Deutschland an den attraktiven Erträgen von Aktien teilhaben. Die Vervierfachung des Freibetrags für Mitarbeiterkapitalprogramme in 2021 und die geplante Erhöhung des Sparerpauschbetrags ab 2023 sind erste Schritte in die richtige Richtung.
Um Segel zu setzen und die Deutschen zu einem Volk von Aktionären zu machen, ist die schnelle Einführung eines Ansparverfahrens mit Aktien in der Altersvorsorge der wichtigste Schritt. Im Koalitionsvertrag bekennt sich die neue Bundesregierung zu mehr Kapitalbildung in der Rente. Jetzt müssen Taten folgen. Dafür muss Deutschland das Rad auch nicht neu erfinden. Andere Länder, wie zum Beispiel Schweden oder Australien, haben bereits erfolgreich aktienbasierte Modelle eingeführt, die eine tragende Säule des Altersvorsorgesystems bilden.
Nur wenn alle an einem Strang ziehen, gilt volle Fahrt voraus für die Aktienkultur in Deutschland. Die Politik muss daher für gute Rahmenbedingungen sorgen, damit die Sparerinnen und Sparer ihren Kurs halten können.